Um 8:15 sollte der Bus abfahren, um die Fähre um 10:30, die 40 Minuten bis Los Christianos fährt, zu erwischen. Locker Zeit um rechtzeitig für den Flug um 13:40 am Flughafen zu sein. Dann Umsteigen in Nürnberg - Ankunft um 19:15, weiter um 20:40 und eine Stunde später in Berlin.
Da konnte man sich sogar vorstellen, noch auf einen Wein und einen Imbiss in die Stammkneipe zu gehen. Ein wenig Sorgen hatten wir uns schon wegen der angekündigten Schneefälle gemacht, aber im Prinzip waren wir durchaus zuversichtlich.
Zunächst geht es auch sehr gut los, wir sind früh dran, können noch in Ruhe einen Kaffee schlürfen und dann auf den Bus warten, der aber eine Viertelstunde auf sich warten lässt.
Aber kein Problem, der Zeitrahmen ist großzügig gesteckt, also los geht es auf die Serpentinenfahrt durch die Berge - 75 Minuten für 35 Straßenkilometer, das spricht wohl schon für sich. Dort können wir dann u.a. folgenden Ausblick bewundern:
Auf der anderen Seite der Insel in San Sebastian angekommen, geht es dann auf die Fähre.
Schon bald können wir einen letzten Blick auf die Insel werfen, die immer ihre eigene Wolkenmütze trägt.
Am Flughafen angekommen, finden wir zwei Schlangen an den entsprechenden Check-in-Counters vor. Beide sehen zunächst gleich lang aus und bekanntermaßen ist ja die eigene immer die langsamste
Ein wenig Irritation kommt auf, als sich offenbar eine weitere Schlange von der Seite per Reißverschlussprinzip einzureihen versucht. Unsere Vorderleute wechseln schon entnervt und unter Protest in die Nachbarschlange.
Das will ich nicht, aber auch nicht die Geschehnisse einfach so hinnehmen, also mache ich eine Bemerkung über "sich von der Seite anstellen". Die Angesprochenen gerieren sich natürlich sofort gekränkt rechtschaffen - sie würden ja hier genau so schon seit 20 Minuten stehen, und immerhin seien sie eine Gruppe von 6 Personen, die zusammengehörten und deshalb auch zusammen anstehen würden - und enden schließlich mit einem selbstlosen und völlig unschuldigen "Aber bitte, gehen Sie doch vor!".
Warum bin ich nur so zur Bescheidenheit erzogen worden? Warum kann ich in einer solchen Situation nicht die Provokateure beim Wort nehmen und einfach nach vorne gehen? Nein, ich tue genau wie sie, als käme es mir nicht darauf an und bleibe stehen. Schön blöd.
Als endlich die Reihe an die Sechsergruppe kommt, tut sich anscheinend irgendein Problem auf, das 3 Personen des Bodenpersonals nur unter großem Palaver und jedenfalls nicht zeitnah lösen können.
Die andere Schlange zieht derweil an uns vorbei. Als wir schließlich an den Nachbarschalter gehen, höre ich den Mann dort, nachdem er dreimal bei der Dateneingabe seine Kollegin zu Hilfe rufen muss, sagen: "Está completo." "Wie bitte?" "El avión está completo." Das kann man nicht missverstehen. Das Flugzeug ist voll. "Wir kommen aber doch noch mit?" frage ich etwas verunsichert. "Ja, schon, aber es gibt nur noch zwei einzelne Mittelplätze. Immerhin hintereinander." Immerhin! *seufz*
Wir gehen durch die Sicherheitskontrolle, unser Flug hat angeblich 30 Minuten Verspätung. Auf der Anzeige ist inzwischen der Eintrag "delayed" verschwunden, jetzt steht dort nur noch "new Gate".
Leider weiß man nicht, ob das, das aktuell dransteht, das alte oder das neue ist
Wir haben Glück. Es ist das neue und nach gar nicht so langer Zeit werden wir zum Einsteigen aufgefordert. An unseren Plätzen angekommen, versuchen wir natürlich noch auf dem Verhandlungswege unsere Plätze zu tauschen. Leider vergeblich. "Nicht akzeptabel" und "Ein Mittelplatz? Ganz sicher nicht!" lauten die Antworten.
Drei unserer vier Nachbarn gehören offenbar zusammen und zu einem Filmteam. Lediglich mein Nachbar zur Linken hat wohl nichts mit den anderen zu tun und liest die meiste Zeit unauffällig in seiner Autozeitschrift.
Zu meiner Rechten sitzt ein supercooler Jüngling, der ständig herumzappelt und mit seinem iPhone herumspielt. Dabei versucht er ein Gespräch mit dem Kollegen schräg links vor mir anzufangen: "Ey, die neue App hier haste gesehen? Iss ja voll kraaasss! Goil!" Der Angesprochene hat zum Glück keine Lust auf ein Gespräch und antwortet recht einsilbig. Uff, ich sah mich schon im Kreuzfeuer eines Diagonal-Dialogs
Vorne rechts, also neben dem Schlendrian, sitzt eine Kollegin der beiden, die die ganze Zeit eifrig auf Ihrem Notebook - Verzeihung, natürlich ihrem MacBook - herumtippt. Sie ist sehr charmant, vor allem, wenn sie die Umsitzenden oder das Kabinenpersonal um einen kleinen Gefallen bittet. Z.B. kann sie den eigens für sie zubereiteten Kamillentee natürlich nicht auf ihrem Tisch abstellen, da steht ja das MacBook drauf. Vielleicht könnte sie den ja beim Schlendrian...? Ob er vielleicht auch noch ihren Apfelgriebsch für sie entsorgen könnte? Sie muss auch recht häufig einmal aufstehen und die Waschräume aufsuchen, was die meisten Mitreisenden sich kaum einmal trauen.
Es gibt nämlich noch Aufregung zwei Reihen vor uns. Lautes Rufen schreckt uns da plötzlich aus der Lethargie: "Hallo, hallo, hören Sie mich? Kommen Sie zu sich!" Eine Flugbegleiterin bemüht sich so lautstark und mittels leichter Ohrfeigen um einen offensichtlich weggetretenen Mitreisenden. Schließlich kommt er mit einem Niesen (!) wieder zu sich und wird samt seiner Frau und einem glücklicherweise anwesenden Zahnarzt ("Befindet sich medizinisches Personal an Bord?!") in den vorderen Teil der Kabine verfrachtet. Nun müssen sich knapp 200 Passagiere die zwei Toiletten im Heck des Flugzeuges teilen. Die Schlange reicht bald bis in die Mitte der Kabine und auch heftige Turbulenzen können die vom Harndrang geplagten nicht völlig vertreiben.
Während dessen erklärt uns der Pilot nun auch den Grund für die Verspätung - natürlich der Schnee. Die Flugzeuge müssen nämlich vor dem Start zunächst enteist werden, was in dem Fall den Abflug verzögert hätte. Und apropos Schnee, derzeit sei ja in Nürnberg zur leichter Schnellfall zu vermelden und wenn man noch weiter müsse, könne man es auch noch vor dem großen Schneesturm schaffen, wenn man rechtzeitig wieder loskäme. *schluck* Da fängt man schon an, sich zu überlegen, was wohl noch rechtzeitig wäre.
Zunächst landen wir aber geringfügig verspätet und etwas wackelig auf der verschneiten Rollbahn in Nürnberg.
Das Flugzeug zum Weiterflug steht dann auch bald bereit und wir betreten zu unserer angenehmen Überraschung ein nur gut halb gefülltes Großraumflugzeug. Wir erfahren aber, dass unser Abflug sich noch ein wenig verzögere, da noch das Gepäck verladen werde und anschließend noch die Tragflächen enteist werden müssen.
Nun gut, aber schon bald kommt die nächste Meldung: Wir seien nun im Prinzip abflugbereit, ein anderes Flugzeug sei aber von der Rollbahn gerutscht und der Flughafen sei bis auf weiteres gesperrt. Genaueres wisse man derzeit auch nicht. Man entschließt sich, schon mal die Snacks zu verteilen, die es während des Fluges hätte geben sollen: ein Müsliriegel und ein kleiner Karton Orangensaft. Eine ältere Frau fragt nach einem Glas Wasser, das gibt es aber nicht. Bei Inlandsflügen ist kein Catering vorgesehen.
Immerhin werden wir ca. im Halbstunden-Takt immer wieder informiert:
- Die Passagiere würden nun aus der verunfallten Maschine geholt. Zum Glück keine Verletzten.
- Man müsse erst schweres Gerät anfordern, das die Maschine aus dem Acker ziehen kann.
- Für uns sei Catering bestellt worden.
- Die anderen elf wartenden Flugzeuge hätten ebenfalls Catering bestellt, es könne also dauern.
- Die Untersuchungskommission habe das Flugzeug jetzt freigegeben, es könne nun abgeschleppt werden. Dann müsse nochmals die Rollbahn gereinigt werden.
(Moment, war vor einer Stunde nicht schon einmal von schwerem Gerät die Rede? Und was ist eigentlich mit dem Schneesturm, den der andere Pilot angekündigt hatte?)
- Mit dem Catering werde es jetzt doch nichts, wir hätten Priorität fürs Enteisen und da hätte man sich dann doch entschieden, lieber dafür die Türen zu schließen. Wir seien dann als erste Maschine für den Start vorgesehen.
(Oha, wir sollen das jetzt als erste ausprobieren? Sollten wir nicht doch erstmal was trinken und die anderen vorfahren lassen?)
Aber nein, da fahren wir schon zur Startposition. Es ist inzwischen kurz vor Mitternacht. Irgendetwas hört man vom Fahrwerk lautstark krachen und knallen. Das kann nicht richtig sein. Ob der Pilot das hört? Wohl nicht, die Fahrt geht jedenfalls weiter. Nach endlosen Minuten erreichen wir die Startposition und sind kurze Zeit später in der Luft. Der Start verlief einwandfrei.
Die Flugzeit war mit 50 Minuten angekündigt worden. Bereits nach knapp 30 Minuten spüren wir schon wieder den beginnenden Sinkflug. Kurz darauf meldet sich der Kapitän erneut: Tegel sei aufgrund es Nachtflugverbotes geschlossen und wir müssten nach Schönefeld ausweichen. Dort würde man in wenigen Minuten landen. Noch eine kurze Anspannung - wie wohl dort die Rollbahn aussieht? - und da sind wir schon unten.
Das nächste Taxi ist unseres und um kurz vor 2 sind wir glücklich zu Hause.
Das Sturmtief Daisy kam zum Glück erst am nächsten Tag.
Flughafen Nürnberg nach Unfall wieder in Betrieb
Schlampenblog am : Endloser Winter